Proaktive Steuerung in der Arztpraxis: Wie Technologie die Betriebswirtschaft unterstützt
Die moderne Gesundheitsbranche steht vor zahlreichen Herausforderungen, von sich ändernden Gesetzen und Vorschriften bis hin zu einem wachsenden Bedarf an qualitativ hochwertiger medizinischer Versorgung. In diesem dynamischen Umfeld ist eine effiziente betriebswirtschaftliche Steuerung für Arztpraxen von großer Bedeutung. Doch wie kann dies erreicht werden, ohne die ohnehin knappe Zeit der Ärzte weiter zu belasten? Wie kann eine Arztpraxis betriebswirtschaftlich effizient gesteuert werden und gleichzeitig durch Technologie unterstützt werden? Zur Beantwortung dieser Frage muss zunächst die Ist-Situation festgehalten werden.
Die Ist-Situation in der Arztpraxis
Das Unternehmen „Arztpraxis“ ist quasi chronisch krank, und dieser Zustand nimmt immer weiter zu. Der Ertrag der Praxis, also dass sie sich rechnet, steht von unterschiedlichen Seiten unter Druck. Zum einen durch die steigende Inflation, die die Betriebskosten erhöht, und die Notwendigkeit, gutes medizinisches Personal zu beschäftigen, was ebenfalls hohe Kosten verursachen kann. Auf der anderen Seite verzeichnen wir in letzter Zeit einen erhöhten Druck auf den Erlös. Dieser wird zum einen durch Honorarkürzungen und Quotierungen im EBM-Bereich (Einheitlicher Bewertungsmaßstab) verursacht. Das bedeutet, die Frage, ob sich eine Praxis rechnet, wird sowohl von der Kostenseite als auch von der Erlösseite doppelt strapaziert.
Gleichzeitig nehmen wir wahr, dass sowohl das Patientenaufkommen als auch der Aufwand für Bürokratie stetig steigen. Diese Faktoren erfordern eine proaktive Steuerung der Praxis, um sicherzustellen, dass sie für alle Beteiligten nachhaltig rentabel bleibt und die Versorgungsqualität gewährleistet werden kann.
Der Vergleich zur medizinischen Behandlung
Um die betriebswirtschaftliche Steuerung in der Arztpraxis zu verbessern, lohnt es sich, einen Vergleich zur medizinischen Behandlung heranzuziehen. Denn auch hier gehen Ärzte systematisch vor, um Patienten bei ihren Beschwerden zu helfen. Patienten kommen zunächst mit Symptomen in die Praxis, die mit der Anamnese durch den Arzt detailliert aufgenommen werden. Anschließend wird der Ist-Zustand des Patienten mit Fakten tiefergehend ermittelt, indem Blutwerte, Laborergebnisse und andere relevante Daten analysiert werden. Anschließend werden diese Informationen interpretiert und in den Kontext des individuellen Patienten gestellt, um eine fundierte Diagnose und ein Problemverständnis zu entwickeln. Darauf aufbauend werden gemeinsam mit dem Patienten realistische Behandlungsziele festgelegt, die auf seinen individuellen Ressourcen basieren. Diese Ziele sind an konkrete Maßnahmen geknüpft, wie die Verordnung eines Medikationsplans oder anderweitige Behandlungen. Die Behandlung des Patienten endet jedoch nicht einfach mit der Verschreibung der gewählten Maßnahme. Der Patient wird auch zukünftig überwacht bzw. wird wieder vorstellig, um sicherzustellen, dass die verordneten Maßnahmen auch die gewünschten Ergebnisse erzielen. Bei Bedarf werden dann Anpassungen vorgenommen, um eine bestmögliche langfristige Linderung der Beschwerden sicherzustellen.
Ähnlich wie bei der medizinischen Behandlung erfordert die Steuerung einer Arztpraxis eine systematische Herangehensweise. Wie bereits erwähnt sind sinkende Erlöse durch Quotierungen oder Honorarkürzungen eine Herausforderung mit der viele Arztpraxen kämpfen und somit ein häufig auftretendes „Symptom“ in unserem Gesundheitssystem. Um gegen dieses Symptom vorzugehen ist, wie auch bei der Behandlung eines Patienten, der erste Schritt die genaue Erfassung der aktuellen betriebswirtschaftlichen Situation. Anstelle von Laborwerten werden hier Kennzahlen wie die Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA), Bankdaten, Privatliquidationen und die Abrechnung mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) herangezogen. Diese Fakten bieten Einblicke in die finanzielle Gesundheit der Praxis. Zudem erlaubt die Auswertung dieser Kennzahlen über einen längeren Zeitraum eine Identifikation von Trends. Wird beispielsweise festgestellt, dass der Privatanteil der Honorare in der Praxis seit Monaten sinkt, könnte dies auf unterdurchschnittliche Privatliquidationen hinweisen. Die Steigerung des Privatanteils könnte in dieser Situation also eventuell eine Möglichkeit bieten Quotierungen auszugleichen und somit die Einnahmen zu steigern.
Basierend auf den identifizierten Trends und Herausforderungen können demnach realistische und individuelle Ziele für die Praxis abgeleitet werden, die durch die Umsetzung konkreter Maßnahmen erreicht werden können. Zum Beispiel könnte die Einführung einer Videosprechstunde dazu beitragen, die Anzahl der Neupatienten zu erhöhen, während die Ausweitung von individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) den Privatanteil steigern könnte. Der Erfolg dieser Maßnahmen muss allerdings kontinuierlich überwacht werden, indem die entsprechenden Kennzahlen über einen konkreten Zeitraum verfolgt werden. Ähnlich wie bei der Nachsorge eines Patienten müssen möglicherweise Anpassungen vorgenommen werden, wenn die Ergebnisse nicht den Erwartungen entsprechen und somit die Zielerreichung gefährdet ist.
Technologie als Unterstützung zweier Problemfelder
Diese systematischen Vorgehensweise der betriebswirtschaftlichen Steuerung in der Arztpraxis klingt zunächst logisch, allerdings entstehen bei ihrer Umsetzung oft zwei Problemfelder:
a) der Zeit- und Arbeitsaufwand der Aufbereitung der Fakten und
b) Kennzahlen und die Operationalisierung des gesamten Prozesses.
Die manuelle Datenerfassung, Konsolidierung und Präsentation von Daten mit bekannten Tools wie Excel ist umständlich und zeitaufwändig und liefert häufig nicht die gewünschten Erkenntnisse. Um Abhilfe zu schaffen, kann jedoch Technologie als Werkzeug eingesetzt werden, um Daten zu aggregieren, analysieren und darzustellen. Dadurch wird zum einen der gesamte Prozess erheblich beschleunigt und Personal zusätzlich entlastet.
Die erfolgreiche Operationalisierung der Ziele, die sich ein Inhaber einer Praxis setzt, erfordert zudem die Einbindung des gesamten Praxisteams. Jedes Teammitglied kann und sollte Verantwortlichkeiten übernehmen, um sicherzustellen, dass die Maßnahmen transparent und effektiv umgesetzt werden. Über Softwaretools kann die jeweilige Zielerreichung dem gesamten Team zugänglich gemacht werden, wodurch eine Beteiligung an der Ableitung und Umsetzung von Maßnahmen erheblich erleichtert wird.
Das Praxis-Radar von systolics kann für diese Zwecke als Software Werkzeug genutzt werden. Hiermit können individuell auf die Praxis zugeschnittene Ansichten erstellt werden, die die wichtigsten Kennzahlen übersichtlich darstellen und Trends bzw. die Abweichung zum eigenen Ziel farblich hervorheben. Es stellt zudem verschiedene Analysen bereit, die dazu beitragen können, die wirtschaftliche Gesundheit der Praxis zu kontrollieren und aktiv zu steuern. Das gesamte Praxisteam kann mit konfigurierbaren Detaillierungsgraden auf die Analysen zugreifen, um direkte Aktionen für das jeweilige Aufgabenfeld abzuleiten. So kann beispielsweise das Personal, das für die Terminvereinbarung verantwortlich ist, entsprechende Analysen zusammenstellen, die es erleichtern die Praxisauslastung zu optimieren, Wartezeiten zu verringern und Behandlungen mit zusätzlichem Abrechnungspotenzial zu erkennen. Dadurch wird zum einen Transparenz geschaffen, aber gleichzeitig wird auch Verantwortung für die Erreichung gesetzter Ziele an die Mitarbeiter abgeben.
Der Screenshot zeigt eine beispielhafte Ansicht des vorangegangen Quartals einer Arztpraxis an (bitte beachten Sie, dass die abgebildeten Zahlen rein zu Demozwecken dienen und keiner existierenden Praxis zuzuordnen sind). Im Beispiel erkennt man auf den ersten Blick die mit der Signalfarbe rot markierte Kennzahl „Honoraranteil durch Privatleistungen“. Dieser liegt mit 8% nicht nur unter dem bundesweiten Durchschnitt von 12 %, der hier als Zielwert hinterlegt wurde, sondern es ist auch ein negativer Trend erkennbar mit einer Abweichung von 37% zum Wert des vorigen Quartals. Mit einem Klick auf die entsprechende Kennzahl können weitere Informationen eingesehen werden, wie die Entwicklung der Kennzahl über einen bestimmten Zeitraum sowie Details zu den entsprechenden Leistungsziffern. Mithilfe dieser Informationen ist es möglich die Ursache des Trends zu identifizieren sowie Maßnahmen abzuleiten, die zur Erreichung des Zielwerts beitragen. Zudem kann die Kennzahl in den folgenden Monat weiter kontrolliert werden, um festzustellen, ob die Maßnahmen den gewünschten Effekt erzielen.
Technologie als Medizin für die Arztpraxis
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass eine proaktive Steuerung in der Arztpraxis nicht nur die Rentabilität sichern kann, sondern mithilfe des Einsatzes geeigneter Softwarelösungen auch noch zeiteffizient und langfristig zusätzliche Potenziale realisiert werden können. So wird Ärzten mehr Zeit für das Wichtigste ermöglicht: die Betreuung ihrer Patienten.